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Pia Stadtbäumer – „Cat’s out!“ 2023

Lutfridstraße 12, 53121 Bonn

kunstundwohnen #17

Projektbeschreibung zur Wandgestaltung im Treppenhaus der Lutfridstraße 12 von der Künstlerin Pia Stadtbäumer:

Für das Jahr 2023 haben wir im Rahmen von „kunstundwohnen“ die Künstlerin Pia Stadtbäumer gewinnen können, die zur Umsetzung Ihrer Arbeit das Treppenhaus in der Lutfridstraße 12 gewählt hat, um hier ihre bunte und Wandmalerei „Cat’s out“ als Nachtrag für das Jahr 2023 zu installieren. Das künstlerische Werk wurde im Spätsommer 2024 fertiggestellt.

Als Pia Stadtbäumer Anfang der 1980er-Jahre an der Kunstakademie Düsseldorf zu studieren begann, war das Figürliche fast ein stilles Begehren – neben dem wichtigen Diskurs der Konzeptkunst eroberten die „Neuen Wilden“ mit grellem Gestus die expressive Malerei zurück. Doch auch jenseits dieser Strömungen regte sich etwas: ein neuer Blick auf den Körper, als Träger von Geschichte, als Maß der Wahrnehmung, als Ort des Widerstands. Künstler*innen wie Kiki Smith, Robert Gober, Stephan Balkenhol oder Martin Honert griffen danach – und Pia Stadtbäumer tat es auf ihre Weise.

Ihre frühen Skulpturen – körperhafte Fragmente, in kräftige Farben getaucht, aus Material wie Wachs, Papier oder Filz geformt – wirkten, als kämen sie aus einer Zwischenwelt. 1990 zeigte der Bonner Kunstverein im Rahmen des Peter-Mertes-Stipendiums jene modellierten übergroßen blauen Arme, die zugleich fremd und vertraut erschienen. Weitere Stipendien folgten, das Schmidt-Rottluff-Stipendium, der Kunstfonds, Anerkennungen, die auch Wegmarken sind. Seit 2000 lehrt sie als Professorin an der HFBK Hamburg – eine Bildhauerin, die Räume denkt und Körper in ihnen neu befragt.

Stadtbäumers Werke sind eigenwillige Erscheinungen: Sie scheinen dem Vertrauten nah und entziehen sich ihm zugleich. Realistisch modelliert, doch mit irritierenden Maßverhältnissen – übergroß oder fragmentiert, aus Wachs oder Filz – hängen Gliedmaßen von der Decke, kippen Körper aus dem Lot, verschieben sich Erwartungen. Ihre Skulpturen reizen das Bekannte, bis es kippt: ins Staunen, ins Fremdeln, ins Fragen. Das klassisch Bildhauerische – der Leib, das Fragment, das Material – wird von ihr geöffnet, gebrochen, weitergedacht und in die Gegenwart übersetzt. Wie Giacometti einst der menschlichen Figur eine neue Zeitlichkeit einschrieb, so entwirft Stadtbäumer eine eigene Sprache für das 21. Jahrhundert.

Auch im Innenraum weiß Pia Stadtbäumer ihre Erzählungen zu verankern. Für die Reihe kunstundwohnen der MIWO hat sie das Treppenhaus in der Lutfridstraße 12 in eine fabelhafte Szenerie verwandelt. In Cat’s Out! entfaltet sich eine stille Geschichte, die in wenigen, comicartig pointierten Zeichen und kräftigen Farbflächen einen ganzen Kosmos aufruft.

Eine Katze schleicht die Treppe hinauf. Tip, tap, tip, tap – nur ihre Pfotenabdrücke verraten sie: schwarz auf Gelb, vom Eingang ins erhöhte Erdgeschoss. Dann: tiefe Nachtblauigkeit. Zwei riesige Katzen-Augen leuchten von der Wand. Eine Etage weiter: eine Katzenschnauze mit Schnurrhaaren wie Fäden ins Ungewisse. Es folgen Vogelspuren, aufsteigend: erst weiß auf Blau, dann schwarz auf Gelb. Schritt für Schritt – bis oben nur noch der Schwanz der Katze in der Wand verschwindet.

So wird jede*r, der dieses Haus betritt, Teil der Erzählung. Unversehens wird der Weg durchs Treppenhaus zur Choreografie, zur Spurensuche, zur kleinen Bühne. Pia Stadtbäumer gelingt es mit wenigen, gezielt gesetzten Zeichen, einen Raum zu verwandeln – in eine Geschichte ohne Anfang und ohne Ende. Eine Geschichte, die in Bewegung bleibt – wie ihre Skulpturen selbst.

Text: Beate Eckstein / Pia Stadtbäumer

Fotografin: (Mareike Tocha, Köln)